Wir, die Oberstufenklasse FS12d der Fachschule für Sozialpädagogik am RBZ1 Königsweg Kiel, beschäftigen uns im Rahmen der Prüfungsvorbereitungen mit dem Thema „Aggressives Verhalten“. Was bietet sich für eine Beobachtung besser an als ein Fußballspiel? Dieser Gedanke packte uns und so machten wir uns als gesamte Klasse, gemeinsam mit unserem Lehrer Herrn Marco Morawietz, am Samstag, den 21.03.2015, auf den Weg ins Holstein Stadion, um Beobachtungen bei dem Spiel gegen Jahn Regensburg zu tätigen. Unser Beobachtungszentrum sollte Block I sein. Wir wollten schließlich mittendrin statt nur dabei sein. Um aggressives Verhalten wahrzunehmen, setzten wir uns Kriterien, nach denen wir vorgingen. Beobachtet wurden Gestik und Mimik, verbale Äußerungen und ggf. körperliche Übergriffe. Unsere Objekte der Begierde waren sowohl Fans als auch Spieler auf dem Platz und der Bank.
Das für einige von uns ungewohnte Umfeld begann direkt beim Auflaufen der Spieler Fantreue und die Liebe zum Verein deutlich zu machen. Liebevoll wurden wir darauf hingewiesen, dass doch bitte alle gemeinsam singen sollten. Und so dauerte es nicht lang, bis wir alle gemeinsam Fanhymnen sangen. Die Stimmung war ziemlich positiv, schließlich ist Holstein Tabellenzweiter und auch das Tor durch Mikkel Vendelbo fiel ziemlich schnell. Es floss nicht nur Bier, sondern auch der Regen ließ so einige nicht auf dem Trockenen sitzen. Doch das konnte der Stimmung nichts anhaben. Losgelöst und frei könnte man die Stimmung in Block I beschreiben. Manchmal grob, doch irgendwie immer liebevoll. Was uns jedoch auffiel ist, dass jeder einzelne von uns, ob bewusst oder unbewusst, von der Masse mitgerissen wurde.Wir riefen lauthals mit im Chor, wobei wir uns um den Text keine Gedanken machten. So machten wir uns im Nachhinein klar, dass es schnell passieren kann, auch beleidigende Parolen gegen die Gastmannschaft mitzusingen, ohne über die Wirkung nachzudenken, denn aggressives Verhalten ist dann gegeben, wenn eine schädigende Absicht verfolgt wird. Gruppendynamik und -zwang bringen einen also dazu, über diese schädigende Wirkung nicht mehr nachzudenken.
Bei den Spielern beobachteten wir, außer gewöhnlichen Nickligkeiten, keinerlei bösartige Fouls. Es boten sich also für uns leider, oder zum Glück, keine auffälligen Szenen, wobei auch Nickligkeiten schädigende Absichten verfolgen. Der Spieler soll provoziert und verunsichert werden. Dies geschieht verdeckt und direkt. Hier ist von Fremdaggression zu sprechen. Außerdem beschreiben wir diesen Aggressionstyp als instrumentelle Aggression, hierbei speziell Erlangungs-Aggression. Ein Vorteil soll erlangt werden, indem der gegnerische Spieler provoziert und aus dem Konzept gebracht wird. Wir konnten ebenfalls Pöbeleien nach Fouls beobachten. Spieler, welche foulten, und der Schiedsrichter, nach vermeintlichen Fehlentscheidungen, wurden durch verbale Äußerungen angegriffen. Hier geht es um Vergeltung. Das Ziel ist es, die Situation zu rächen. Was jetzt vielleicht überaus böse und verachtend klingt, passiert schnell und ist dem Ausführenden oft auch nicht in diesem Umfang bewusst. Es blieb aber bei den kleineren Situationen, denn das Spiel verlief generell ziemlich fair und auch die Fans waren an diesem Tag im Einklang mit sich selbst.
Aber was nehmen wir nun mit? Ein Gefühl von enormem Zusammenhalt, Leidenschaft und Freude, sowohl bei den Fans als auch bei den Spielern.
Vielen Dank, dass wir für einen Tag Teil davon sein durften und nicht ganz mit leeren Händen gingen.
Ein besonderer Dank gilt Holstein Kiel für die Ermöglichung dieses außergewöhnlichen Projekts.
Hochachtungsvoll,
Eure FS12d aus dem Königsweg!
Verfasst von Julena Reichard, FS12d